Hintergrund

oder: Was Sie hier (nicht) finden...

Evangelische Ethik bedeutet, im Gespräch zu sein - mit verschiedenen Wissenschaften, mit gesellschaftlichen - kirchlichen und nichtkirchlichen - Akteuren, mit Christinnen und Christen. In diesem Sinne soll diese Homepage einerseits über kirchliche Positionen in der Medizin- und Bioethik informieren und gleichzeitig zum Diskurs anregen, ohne aber diesen selbst abzubilden.

Was sagt Kirche zu...?

Auf dieser Homepage finden Sie alle offiziellen Stellungnahmen und Positionen aus dem Bereich der evangelischen Kirchen in Deutschland zu medizin- und bioethischen Themen. Dazu zählen Äußerungen aus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), gemeinsame Texte der evangelischen und katholischen Kirche, Positionspapiere und Handreichungen aus den Landeskirchen, der Diakonie sowie von verschiedenen evangelischen Verbänden. Nicht zu finden sind hier Publikationen aus dem universitären oder anderweitig wissenschaftlichen Kontext, z.B. Aufsätze oder Monographien aus dem Bereich theologischer Medizin- und Bioethik. Hinweise zu solcher Literaturrecherche finden Sie unter den "Weiterführenden Links".

Wichtig zu beachten ist: Nicht zu jedem medizinethischen Thema gibt es kirchliche Positionen. Und: Kirchliche Äußerungen sind immer eingebettet in einen jeweiligen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Kontext, der sich im Laufe der Zeit verändert. Vor diesem Hintergrund ist es spannend zu sehen, wie sich auch kirchliche Positionen verändern.

Ein kleiner Leseführer zu den einzelnen Texten

Was ist z.B. eine "Orientierungshilfe" im Unterschied zu einer "Handreichung"? Um die Texte etwas besser einordnen zu können, gibt es hier eine kleine Übersicht über die verschiedenen Textarten von A-Z:

Denkschriften der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind relativ umfangreiche Schriften zu zentralen, vornehmlich gesellschaftlichen und sozialethischen Fragen in der evangelischen Kirche. Sie gelten als die verbindlichste Äußerungsform der EKD. Ihr Name ist dabei aber Programm: Sie bilden keine unhinterfragbare, evangelische Lehre, sondern sind diskursorientiert. "Denk-Schriften" sollen durch Gründe überzeugen, Gespräche in Kirche und Gesellschaft beleben und so den gesellschaftlichen Diskurs insgesamt fördern. Geichzeitig werden darin eigene Positionierungen erkennbar.

Denkschriften sind Konsenspapiere, die zunächst von Fachgremien der EKD ausgearbeitet werden, und die sich der Rat der EKD dann zu eigen macht. Zur weiteren Chrarakterisierung siehe auch die Erläuterungen zu "Orientierungshilfen / Impulspapiere".

Handreichungen werden oftmals von einzelnen Landeskirchen oder der Diakonie zu einem bestimmten Thema bzw. Praxisfeld herausgegeben. Sie enthalten in der Regel einen theologischen Hintergrunds- und Informationsteil sowie einen zweiten Teil mit konkreteren Handlungsempfehlungen oder Praxistipps. Sie richten sich in erster Linie an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende, sind aber meistens so allgemeinverständlich geschrieben, dass auch andere Interessierte sie gewinnbringend lesen können.

Viele Menschen erwarten von Kirche, dass diese sich - besonders in ethischen Fragen - klar positioniert und so Christinnen und Christen "Orientierung" für ihre Lebensführung gibt. Dies tut sie auch. Aber in einer besonderen Weise. Evangelische Theologie, und damit auch evangelische Ethik, lebt vom Diskurs. Die Bezeichnungen vieler kirchlicher Publikationen als "Orientierungshilfe", "Impulspapier" oder "Denkschrift" lassen erkennen, dass sie nicht den Anspruch erheben, unhinterfragbare, evangelische Lehre zu bilden. Vielmehr werden fachlich, zeitgebunden und diskussionsorientiert Argumente zur Information und ethischen Meinungsbildung zur Verfügung gestellt. Die Schriften sollen durch Gründe überzeugen, Gespräche in Kirche und Gesellschaft beleben und so den gesellschaftlichen Diskurs insgesamt fördern. Geichzeitig werden darin eigene Positionierungen erkennbar.

"Orientierungshilfen" sind also in diesem Sinne zu verstehen. Sie beinhalten in der Regel eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Sachgegenstand aus medizinischer u.a. fachlicher Perspektive, mit juristischen und theologischen Argumenten sowie eine normative Analyse der Fragestellung. Daraus wird eine eigene (Konsens)Position formuliert, die "Orientierung" geben soll, keineswegs aber als abgeschlossene Lehrmeinung missverstanden werden darf.

Orientierungshilfen, Impulspapiere und auch Denkschriften der EKD werden in der Regel von den Kammern, den "Denkfabriken" der EKD, erarbeitet. In die Kammern beruft der Rat der EKD Fachleute mit unterschiedlichen Meinungen, Erfahrungen und Prägungen, die die Vielfalt der Positionen widerspiegeln sollen. Die meisten EKD-Texte zu medizinethischen Fragen entstehen in der "Kammer für öffentliche Verantwortung".

Aus aktuellem Anlass, z.B. nach Abschluss bestimmter Gesetzesverfahren oder erfolgter Rechtsprechung (z.B. durch das Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht) beziehen die Kirchen häufig Position in Form von Pressemitteilungen.

Oftmals beteiligen sich die Kirchen in den Prozessen zu neuen Gesetzen oder kommentieren aktuelle Rechtsprechung. Im Rahmen von Gesetzgebungsprozessen enstehen - aufgefordert oder unaufgefordert - z.B. Stellungnahmen zu konkreten Gesetzesentwürfen, die die christliche und kirchliche Perspektive auf das Thema deutlich machen sollen. Da sich solche Prozesse häufig über einen längeren Zeitraum hinziehen und verschiedene Etappen und Wendungen nehmen können, gibt es u.U. auch dementsprechend viele kirchliche und nicht-kirchliche Äußerungen (Bsp. Assistierter Suizid). Scheint uns die Historie des Diskussions- und Entstehungsprozesses nach wie vor wichtig zu sein, haben wir sie im Themenbereich entsprechend dargestellt. In anderen Fällen haben wir auf die Wiedergabe der Zwischenschritte verzichtet und lediglich die Äußerungen zu endgültigen Gesetzesbeschlüssen oder Gerichtsurteilen aufgenommen. Dabei handelt es sich häufig um Stellungnahmen, Pressemitteilungen und/ oder Kommentare einzelner leitender Geistlicher.

Es gibt zahlreiche evangelische Verbände, die häufig zwar rechtlich selbständig sind, inhaltlich aber evangelisch geprägt und eng mit der evangelischen Kirche und/oder Diakonie verbunden sind. Dazu gehören z.B. der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV), der Bundesverband evagelische Behindertenhilfe e.V. oder die Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung (EKFuL). Auch die Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. oder die evangelische arbeitsgemeinschaft familie e.V. (eaf) zählen zu solchen Verbänden. Sie vertreten in der Regel bestimmte Interessensgruppen innerhalb der evangelischen Kirche und bringen sich in dieser Funktion immer wieder in ethische und gesellschaftliche Diskurse und politische Prozesse ein. Mal formulieren sie eigene Stellungnahmen, z.B. im Rahmen von Gesetzgebungsprozessen, mal kommentieren sie politisches Geschehen, geben Handreichungen und Positionspapiere heraus oder nehmen auch Stellung zu innerkirchlichen Verlautbarungen.
 

Unter den Texten auf dieser Website befinden sich immer wieder auch sog. "Kundgebungen von Synoden". Die Synoden sind sozusagen die "Parlamente der Kirchen". Der Begriff Synode stammt aus der griechischen Sprache und bedeutet Versammlung oder auch Treffen. Die EKD-Synode ist beispielsweise eines der drei Leitungsorgane der Evangelische Kirche in Deutschland (ebenso wie der Rat der EKD und die Kirchenkonferenz). Aber auch die verschiedenen Gliedkirchen haben ihre eigenen Synoden. In der Regel versammeln sich die Synodalen zweimal im Jahr, um Kirchengesetze zu beschließen und über aktuelle Fragen aus Kirche und Gesellschaft zu diskutieren. Die Ergebnisse dieser Diskussionen werden häufig in sog. "Kundgebungen" zusammengefasst. Diese sind also als pointierte Positionierungen und Kommentare zu einzelnen Schwerpunktthemen in der je aktuellen Situation zu verstehen.

Auch leitende Geistliche, z.B. der oder die EKD-Ratsvorsitzende oder einzelne (Landes)bischöf:innen bzw. Kirchenpräsident:innen melden sich aus aktuellem Anlass zu Wort, z.B. wenn ein neues Gesetz zu einem medizinethischen Thema beschlossen wurde. Nach evangelischem Amtsverständnis sprechen sie dabei nicht stellvertretend "für ihre Kirche" im Sinne einer Lehrautorität, vielmehr geben sie "eine" Stimme von vielen wieder. Häufig spiegelt sich in ihren Äußerungen die evangelische Pluralität verschiedener nebeneinander stehenden Perspektiven.